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EU-Dienstleistungsrichtlinie: Einheitlicher Ansprechpartner

Verfasst: 18.09.2008, 13:17
von infobot
Sie ist in aller Munde aber doch im Wortlaut meist nicht so bekannt, die sog. EU-Dienstleistungsrichtlinie. Ihr voller Name lautet
"Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt",
Amtsblatt Nr. L 376 vom 27/12/2006 S. 0036 - 0068.
Die Richtlinie muß von den Mitgliedsstaaten bis 28. Dezember 2009 umgesetzt werden (Art. 44 Abs. 1). Es spricht einiges dafür, dass sie auch auf Baugenehmigungsverfahren (insbesondere Nutzungsänderungen) anzuwenden ist.
Allgemeines Kernthema dürfte die Festlegung des sog. einheitlichen Ansprechpartners sein (Art. 6):
Artikel 6 Einheitliche Ansprechpartner
(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Dienstleistungserbringer folgende Verfahren und Formalitäten über einheitliche
Ansprechpartner
abwickeln können:
a) alle Verfahren und Formalitäten, die für die Aufnahme ihrer Dienstleistungstätigkeiten erforderlich sind, insbesondere
Erklärungen, Anmeldungen oder die Beantragung von Genehmigungen bei den zuständigen Behörden, einschließlich
der Beantragung der Eintragung in Register, Berufsrollen oder Datenbanken oder der Registrierung bei Berufsverbänden
oder Berufsorganisationen;
b) die Beantragung der für die Ausübung ihrer Dienstleistungstätigkeit erforderlichen Genehmigungen.
(2) Die Schaffung einheitlicher Ansprechpartner berührt nicht die Verteilung von Zuständigkeiten und Befugnissen zwischen
Behörden innerhalb der nationalen Systeme.
Art. 8 sieht recht grundsätzlich eine Elektronische Verfahrensabwicklung vor.
Art. 13 zwingt zu Regelungen hinsichtlich der Gestaltung von Verwaltungsverfahren, v.a. wenn man vermeiden möchte, dass auch im Baugenehmigungsverfahren eine Genehmigungsfiktion bei Fristüberschreitung eintritt (Art. 13 Abs. 4):
Artikel 13 Genehmigungsverfahren
(1) (...)
(2) (...)
(3) Die Genehmigungsverfahren und -formalitäten müssen sicherstellen, dass Anträge unverzüglich und in jedem Fall binnen
einer vorab festgelegten und bekannt gemachten angemessenen Frist bearbeitet
werden. Die Frist läuft erst, wenn alle
Unterlagen vollständig eingereicht wurden. Die zuständige Behörde kann die Frist einmal für eine begrenzte Dauer verlängern,
wenn dies durch die Komplexität der Angelegenheit gerechtfertigt ist. Die Fristverlängerung und deren Ende sind ausreichend
zu begründen und dem Antragsteller vor Ablauf der ursprünglichen Frist mitzuteilen.
(4) Wird der Antrag nicht binnen der nach Absatz 3 festgelegten oder verlängerten Frist beantwortet, so gilt die Genehmigung
als erteilt.
Jedoch kann eine andere Regelung vorgesehen werden, wenn dies durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses, einschließlich eines berechtigten Interesses Dritter, gerechtfertigt ist.
(5) Für jeden Genehmigungsantrag wird so schnell wie möglich eine Empfangsbestätigung übermittelt. Die Bestätigung muss
folgende Angaben enthalten:
a) die in Absatz 3 genannte Frist;
b) die verfügbaren Rechtsbehelfe; (...)
(alle Hervorhebungen von mir)
Hier dürfte sich im nächsten Jahr noch einiges tun - wenn NRW die Vorgaben fristgerecht umsetzen will.

EU-Dienstleistungsrichtlinie - Bund hat VwVfG schon geändert

Verfasst: 19.12.2008, 11:52
von info
Der Bund hat sein Verwaltungsverfahrensgesetz bereits in diesem Sinne geändert, wie man im BGBl Nr. 58 vom 17.12.2008, S. 2418ff. nachlesen kann.
Für die Bauaufsichtsbehörden gilt aber natürlich (nach den Spezialregelungen der BauO) das Landes-Verwaltungsverfahrensgesetz.

Re: EU-Dienstleistungsrichtlinie - Umsetzung

Verfasst: 02.01.2009, 19:15
von Sebastian Veelken
Ein erster Ansatz findet sich bei den Grundlagen für NRW, indem VwVfG u.a. geändert werden. Die zentralen Fragen, ob und ggf. wer als einheitlicher Asprechpartner vorgesehen wird und ob auch das Baugenehmigungsverfahren elektronisch abwickelbar gestaltet werden soll, bleiben aber spezialgesetzlichen Regelungen vorgesehen.
Mehr zu dieser geplanten Änderung...

Entwarnung für die Bauordnung und Stadtplanung

Verfasst: 12.01.2009, 15:55
von Röhnert
Nach einem Rundschreiben des Deutschen Städtetags vom 08.12.2008 hat sich die Fachkommission Städtebau der Bauminsterkonferenz, sowie auch diese selbst mit der Thematik befasst.
Als Ergebnis wird die Position bezogen, dass es sich bei berechtlichen Zulässigkeitsregelungen um Jedermann-Anforderungen handelt, sie nicht dem Anwendungsbereich der RL unterfallen.
Gleichermaßen seien städtebauliche Satzungen nicht umfasst.

Ein Änderungsbedarf des Baurechts besteht infolgedessen nur hinsichtlich der Bauvorlageberechtigung und der Berechtigung zur Erstellung bautechnischer Nachweise.

Einheitliche Ansprechpartner bei Kreisen und kreisfreien Stä

Verfasst: 02.02.2009, 23:30
von Sebastian Veelken
Wie sich u.a. aus einer Pressemitteilung des Städtetages NRW ergibt, sollen die Einheitlichen Ansprechpartner in NRW bei den Kreise und kreisfreien Städten angesiedelt werden. Zur Pressemitteilung vom 03.12.2008
Allerdings strebt das Land derzeit eine Höchstzahl von 18 einheitlichen Ansprechpartnern für NRW an - obwohl es 31 Kreise und 23 kreisfreie Städte gibt.

Re: Einheitlicher Ansprechpartner: Gesetzentwurf

Verfasst: 28.04.2009, 21:18
von Sebastian Veelken
Der Entwurf des Gesetzes liegt inzwischen als LT-Drs. 14/8947 vor.
Die Aufgaben der EA (Einheitlichen Ansprechpartner) werden mit diesem Gesetzentwurf den Kreisen und kreisfreien Städten
zugewiesen. Die Anzahl der EA in Nordrhein-Westfalen soll jedoch aus Gründen der Effizienz der Aufgabenwahrnehmung auf maximal 18 beschränkt werden. Dies soll durch freiwillige Kooperationen zwischen den Kommunen bereits bei Inkrafttreten des Gesetzes, spätestens am 28.12.2009 erreicht sein.
Zum Beratungsvorgang auf der Internetseite des Landtags NRW.

Verwechslungsgefahr!
Bitte verwechseln Sie diesen Vorgang nicht mit anderen Verfahren zur Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie, nämlich

Einheitlicher Ansprechpartner: Gesetz in Kraft.

Verfasst: 15.12.2009, 22:55
von Sebastian Veelken
Auch wenn es nicht ganz zum Thema dieses Diskussionsstranges passt:
Röhnert hat geschrieben:Nach einem Rundschreiben des Deutschen Städtetags vom 08.12.2008 hat sich die Fachkommission Städtebau der Bauminsterkonferenz, sowie auch diese selbst mit der Thematik befasst.
Als Ergebnis wird die Position bezogen, dass es sich bei berechtlichen Zulässigkeitsregelungen um Jedermann-Anforderungen handelt, sie nicht dem Anwendungsbereich der RL unterfallen.
Gleichermaßen seien städtebauliche Satzungen nicht umfasst.
Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangt auch ein im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung erstelltes Gutachten von Dr. Christian-W. Otto.
Zu der Projektseite beim Bundesinstitut Das Ergebnis ist dort in der Navigationsleiste rechts abrufbar.


Das Gesetz zum Einheitlichen Ansprechpartner wurde inzwischen (in geänderter Form) verkündet. Mehr dazu bei den Vorschriftenänderungen.