BPLan und sortimentsspezifische Einzelhandelssteuerung

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AndreasMruck

BPLan und sortimentsspezifische Einzelhandelssteuerung

Beitrag von AndreasMruck »

Eine aktuelle Entscheidung des OVG NRW (Urteil vom 26.02.2009)

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10 D 40/07.NE
gibt Anlass zur Hoffnung, dass der 10. Senat eine auf Grundlage eines Einzelhandelskonzepts gem. §§ 1 Abs.5 und 9 BauNVO vorgenommene sortimentsspezifische Einzelhandelssteuerung im Rahmen der Bauleitplanung künftig akzeptiert.

Die Gemeinde hatte in dem entschiedenen Fall einen bereits bestehenden Bebauungsplan (überwiegend "GE"), in dessen Bereich sich bereits eine Reihe von Einzelhandelsnutzungen etabliert hatten, ändern wollen. Der Aufstellungsbeschluss zur Änderung der Planung war die Reaktion auf ein Bauvorhaben der Antragstellerin zum Abbruch einer Einzelhandelsnutzung im Plangebiet und zur Ansiedlung insgesamt drei neuer Discountmärkte mit einer Gesamtgeschossfläche von 2.826 qm.
Ziel der Planung war es, basierend auf den Feststellungen eines Einzelhandelskonzepts, eine Einschränkung der weiteren Einzelhandelsansiedlung im Plangebiet zu erreichen. Die Gemeinde führte für ihre restriktive Planung an, dass mit den Ansiedlungswünschen zweier Discounter/Supermärkte und einer Textilgruppe eine erneute Zunahme einzelhandelsbezogener Verkaufsflächen verbunden sei, die innenstadtrelevant und relevant für den Erhalt der Nahversorgung in den Ortsteilen sein könnte.

Im Rahmen der ausführlichen Erörterung der materiellen Prüfungspunkte beschäftigt sich der 10. Senat insbesondere mit dem Aspekt, dass die Veränderungssperre nur dann nicht gerechtfertigt sei, wenn die im Aufstellungsbeschluss manifestierte Planung offensichtlich rechtswidrig und der Mangel schlechterdings nicht behebbar sei. In diesem Zusammenhang betont der Senat, dass es sich bei der von der Antragsgegnerin beabsichtigten sortimentsspezifischen Beschränkung der Zulässigkeit von Einzelhandelsbetrieben durch eine Ergänzung des Bebauungsplans durchaus um eine rechtlich mögliche und durch eine Veränderungssperre auch sicherungsfähige Bauleitplanung handele. Zu § 1 Abs.9 BauNVO betont der Senat, dass es an einer Rechtfertigung durch hinreichende städtebauliche Gründe dann fehle, wenn die Nutzungsbeschränkungen nicht der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung zu dienen bestimmt seien. Hierbei akzeptiert es das OVG aber, dass die Einzelhandelssteuerung nicht erst dann einsetzt, wenn bereits Störungen der städtebaulichen Entwicklung eingetreten sind. Vielmehr sei es den Kommunen auch gestattet, bereits vorbeugend bestimmte Einzelhandelsnutzungen in Gewerbegebieten mit dem Ziel auszuschließen, eventuelle Neuansiedlungen zur Steigerung oder Erhaltung der Attraktivität der Innenstadt und den vorhandenen Nahversorgungsbereichen zuzuführen. Bauleitplanung erschöpfe sich nicht darin, bereits eingeleitete Entwicklungen zu steuern, sondern sei auch ein Mittel, um städtebauliche Ziele für die Zukunft zu formulieren.
Das OVG gesteht es im entschiedenen Fall der Gemeinde zu, sich bei der Ausdifferenzierung der nach der beabsichtigten Planung in dem Gebiet nicht mehr zulässigen Einzelhandelsnutzungen letztlich auf eine Liste zu stützen, die von ihr als innenstadt- und nahversorgungsrelevant angesehene Sortimente abbildet. Es stellt in diesem Zusammenhang allerdings heraus, dass wenn zum Schutz eines Innenstadtbereichs bestimmte Warensortimente an nicht integrierten Standorten ausgeschlossen werden sollten, es jeweils einer individuellen Betrachtung der vorhandenen örtlichen Situation bedürfe. Eine solche Betrachtung sei indes im vorliegenden Fall erfolgt, da das der Planung der Gemeinde zu Grunde liegende Einzelhandelsgutachten unter anderem eine umfassende Erhebung der im Stadtgebiet der Gemeinde vorhandenen Einzelhandelsbetriebe und eine Bewertung der verschiedenen Sortimente im Hinblick auf ihre Kaufkraftbindung sowie ihre Bedeutung für die Attraktivität der Innenstadt enthalte.

Die Entscheidung ist unter http://www.nrwe.de recherchierbar.
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