Bescheinigung der mängelfreien Abnahme = Baugenehmigung?

Hier finden Sie in loser Folge kleinere Artikel zum öffentlichen Baurecht in Nordrhein-Westfalen.
Antworten
Benutzeravatar
Sebastian Veelken
Beiträge: 925
Registriert: 11.09.2006, 21:46
Wohnort: Düsseldorf

Bescheinigung der mängelfreien Abnahme = Baugenehmigung?

Beitrag von Sebastian Veelken »

Werden mit der Bescheinigung der mängelfreien Abnahme auch die Abweichungen von der Baugenehmigung genehmigt?
Nein, diese Annahme stimmt nicht: Die Bauzustandsbesichtigungen sind in § 82 BauO NRW geregelt. Vielfach sind sie noch unter den alten Bezeichnungen Rohbauabnahme und Abnahme bekannt.
Die Bauzustandsbesichtigungen dienen dazu, dass die Bauaufsichtsbehörden Verstöße gegen das Baurecht feststellen können. Jedoch werden die Prüfungen laut Gesetz nur stichprobenhaft durchgeführt (§ 82 Abs. 1 S. 2 BauO), so dass sie schon im Prüfungsumfang nicht auf vollständige Untersuchung ausgelegt sind.
Des weiteren ist die Bescheinigung, die dem Bauherrn auf Verlangen auszustellen ist (§ 82 Abs. 5 BauO) kein Verwaltungsakt. Sie besagt lediglich, dass die Überprüfung stattgefunden hat. Sie kann die erteilte Baugenehmigung nicht zu ändern.
Zwar stützen sich kreditgebende Banken und Versicherungen gern auf diese Bescheinigung - echte Sicherheit können auch sie über die Bescheinigung aber nicht erlangen.
Den Begriff der Abnahme hat der Gesetzgeber also aus gutem Grunde durch Bauzustandsbesichtigung ersetzt: Mit der zivilrechtliche Abnahme, die das Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß billigt und bestimmt Ansprüche ausschließt, hat die Bauzustandsbesichtigung nämlich nichts zu tun.
OVG NRW, Urteil vom 17.06.2002, Az. 7 A 777/00 - NRWE- hat geschrieben:Weder die Rohbauabnahme noch die Schlussabnahme des Bauwerks hatten gegenüber der fehlenden Baugenehmigung eine legalisierende Wirkung. Die Rohbauabnahme ist lediglich die Voraussetzung für die Fortsetzung der Bauarbeiten im Rahmen der Baugenehmigung (vgl. § 96 Abs. 2 Satz 5 BauO NW 1970). Die Erteilung des Schlussabnahmescheins durch die Baugenehmigungsbehörde war zwar die formale Voraussetzung dafür, die bauliche Anlage zu benutzen (vgl. § 96 Abs. 3 Satz 4 BauO NW 1970), diese Benutzung durfte jedoch nur im Rahmen der Baugenehmigung erfolgen. Weder die Rohbauabnahme noch die Schlussabnahme konnten etwaige Verstöße gegen die Baugenehmigung sanktionieren. Ein Vertrauen des Bauherrn darauf, dass die Baugenehmigungsbehörde baurechtliche Maßnahmen nicht mehr ergreifen werde, konnte durch falsche Abnahmebescheinigungen deshalb nicht begründet werden.
Die Entscheidung finden Sie über das Aktenzeichen kostenlos in NRWE:

Code: Alles auswählen

7 A 777/00
Die Amtspflichten des handelnden Mitarbeiters der Bauaufsichtsbehörde dienen allerdings nach einem Urteil des LG Bonn auch dazu, Dritte vor Schäden durch mangelhafte Bauausführung zu bewahren (LG Bonn, Urteil vom 15.03.2006, NRWE Az.

Code: Alles auswählen

1 O 552/04
Antworten