(Abschnitt IX, S. 104 f.)"Die flächendeckende Abschaffung von Widerspruchsverfahren hat den Rechtsschutz der Bürgerinnen und Bürger eingeschränkt, den bewährten Dialog zwischen ihnen und der Verwaltung geschwächt und die Verwaltungsgerichte in NRW erheblich belastet.
Deshalb werden wir Widerspruchsverfahren dort wieder einführen, wo dies nach sorgfältiger Prüfung sinnvoll ist."
Das Thema wurde im Landtag anlässlich der erneuten Verlängerung der Aussetzung des Widerspruchsverfahrens für das Jahr 2014 in 2013 behandelt.
Für die SPD hieß es dort von MdL Körfges:
Was das für das Widerspruchsverfahren in Bauangelegenheiten bedeuten könnte, vermag ich nicht einzuschätzen.Unter Schwarz-Gelb ist das Widerspruchsverfahren als kostengünstiges und einfach zu handhabendes Rechtsmittel für alle Bürgerinnen und Bürger weitestgehend abgeschafft worden. Das hat sich als
Fehler herausgestellt. Das haben wir damals schon so beurteilt. Wir werden gemeinsam an vielen Stellen überlegen müssen, wie wir das wieder ins Lot bringen.
Lassen Sie mich als Beispiel auf den bewährten Dialog zwischen den Betroffenen und den Verwaltungen bei örtlichen Verwaltungsentscheidungen hinweisen. Dieser Dialog wird erheblich dadurch belastet, dass nunmehr
statt eines Widerspruchs verbindlich in das Klageverfahren eingetreten werden muss. Ein unechtes Widerspruchsverfahren, das jetzt in einigen kommunalen Bereichen durchgeführt wird, zu etablieren, ersetzt nicht generell das, was wir mit dem Widerspruchsverfahren verbinden.
Insbesondere wollen wir nicht, dass Bürgerinnen und Bürger dadurch, dass sie Prozesskostenrisiken zu tragen haben, davon abgehalten werden, ihr gutes Recht in einem geregelten Widerspruchsverfahren zu hinterfragen.
Das Fehlen von Widerspruchsmöglichkeiten hat darüber hinaus weitere negative Wirkungen. Die Frage, wie Kommunen kurz und unbürokratisch in sogenannten Massenbescheidungssachen eigene Fehler beheben können, auch zugunsten der kommunalen Kassen, ist ebenfalls von großer Bedeutung. Aus unserer Sicht spielt auch die Tatsache eine wichtige Rolle, dass Verwaltungsgerichte dann zum Teil mit Verfahren überzogen werden, die nur ganz wenig erheblich sind, sodass für einen kleinen Anlass viel Aufwand betrieben wird. Wir müssen darüber nachdenken, ob wir an dieser Stelle nicht die Verwaltungsgerichtsbarkeit an der Stelle von zusätzlichen Belastungen befreien müssen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt die alte Weisheit damit komme ich auch zum Schluss –, dass es viel leichter ist, eine funktionierende Sache kaputtzumachen, als sie nachher wieder zu reparieren. Insoweit haben wir uns vorgenommen, und zwar schon im Koalitionsvertrag, genau hinzuschauen,
in welchen Fällen es Sinn macht und in welchen Fällen sich es sich heutzutage auch unter Kostengesichtspunkten als wenig sinnvoll erweist, das Widerspruchsverfahren wieder einzuführen.
Ich will ein Beispiel deutlich hervorheben. Überall dort, wo es um soziale Besitzstände von Menschen geht, wo es um soziale Errungenschaften geht, halten wir das Widerspruchsverfahren für unverzichtbar, weil dort gerade
diejenigen betroffen sind, die sich ein verwaltungsgerichtliches Verfahren am wenigsten erlauben können.
Das Thema wird weiter beobachtet.