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Arbeitsrechtlicher und dienstrechtlicher Informantenschutz

Verfasst: 20.06.2008, 20:44
von Sebastian Veelken
Von etwas überraschender Stelle und an einem überraschenden Ort, nämlich aus dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) und im Zusammenhang mit der Änderung des Lebens- und Futtermittelgesetzbuches, wurde ein Vorschlag für eine gesetzliche Verankerung des Informantenschutzes für Arbeitnehmer im Bürgerlichen Gesetzbuch eingebracht.
Der Vorschlag dieses Bundesministeriums - zusammen mit dem Arbeitsministerium und dem Justizministerium - sieht einen neuen § 612a BGB vor, das Anzeigerecht.
§ 612a Anzeigerecht
(1) Ist ein Arbeitnehmer auf Grund konkreter Anhaltspunkte der Auffassung, dass im Betrieb oder bei einer betrieblichen Tätigkeit gesetzliche Pflichten verletzt werden, kann er sich an den Arbeitgeber oder eine zur innerbetrieblichen Klärung zuständige Stelle wenden und Abhilfe verlangen. Kommt der Arbeitgeber dem Verlangen nach Abhilfe nicht oder nicht ausreichend nach, hat der Arbeitnehmer das Recht, sich an eine zuständige außerbetriebliche Stelle zu wenden.
(2) Ein vorheriges Verlangen nach Abhilfe ist nicht erforderlich, wenn dies dem Arbeitnehmer nicht zumutbar ist. Unzumutbar ist ein solches Verlangen stets, wenn der Arbeitnehmer aufgrund konkreter Anhaltspunkte der Auffassung ist, dass
1. aus dem Betrieb eine unmittelbare Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder für die Umwelt droht,
2. der Arbeitgeber oder ein anderer Arbeitnehmer eine Straftat begangen hat,
3. eine Straftat geplant ist, durch deren Nichtanzeige er sich selbst der Strafverfolgungaussetzen würde,
4. eine innerbetriebliche Abhilfe nicht oder nicht ausreichend erfolgen wird.

(3) Von den Absätzen 1 und 2 kann nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden.
(4) Beschwerderechte des Arbeitnehmers nach anderen Rechtsvorschriften und die Rechte der Arbeitnehmervertretungen bleiben unberührt.
Aktueller Stand des Gesetzgebungsverfahrens ist die BT-Drs. 16/8100 vom 14.02.2008, die den neuen Paragraphen scheinbar nicht mehr enthält.
Jedoch fand am 4. Juni 2008 eine Anhörung zum Thema "Regelung des Informantenschutzes für Arbeitnehmer" im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Änderung des Lebensmittel- u. Futtermittelgesetzbuches sowie anderer Vorschriften"
im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Bundestages statt.
Mehr zu der Sitzung beim Deutschen Bundestag

Dieser Regelungsabsicht ist für Behörden im allgemeinen und für kommunale Bauaufsichtsbehörden im speziellen unter zwei Aspekten interessant:
Zum einen könnten die Bauaufsichtsbehörden künftig verstärkt Anzeigen von Arbeitnehmern erhalten, die echte oder vermeintliche Verstöße ihrer Arbeitgeber zur Anzeige bringen.
Zum anderen soll die Regelung aber jedenfalls auch für Angestellte und voraussichtlich auch für Beamte getroffen werden. Über das ohnehin bestehende Remonstrationsrecht hinaus würden hier u.U. weitere Kommunikationswege, z.B. zu den jeweiligen Aufsichtsbehörden eröffnet.
Ob man das als Beitrag zu mehr Rechtstreue oder aber - wie der Autor des NJW-Editorials 23/2008 - als Einladung zum Denunziantentum versteht, stelle ich anheim.

Re: ...Regelung auf Eis gelegt.

Verfasst: 27.09.2010, 18:52
von Sebastian Veelken
Die Gesetzesänderung, die besser unter dem Stichwort "Whistleblowing" zu finden ist, wurde zwischenzeitlich auf Eis gelegt. Sie war dann doch nicht mehr bei den Lebensmittelvorschriften versteckt worden.
Ein kleines bißchen mehr zum politischen Hintergrund gibt es im Beck-Blog.
Das Thema wird hier geschlossen.